Wabernde labernde digitale Massen, Nullen und Einsen, unentschieden, eine psychedelische Endlosreise durch sich vielfach überlagernde Projektionen: 41 Bilder des Turms der Garnisonkirche Potsdam, entstanden in den Jahren 1730 bis 2019.
1732 eingeweiht und dem König unterstellt, wurde die Garnisonkirche 1945 in Kriegshandlungen beschädigt und 1968 gesprengt. In den dazwischenliegenden 236 Jahren symbolisierte sie nicht nur den ‚Geist von Potsdam’. Mit dem hier erfolgten symbolträchtigen Handschlag zwischen Reichspräsident Paul von Hindenburg und dem eben zum Reichskanzler ernannten Adolf Hitler im März 1933 ist sie auch Symbol der den Nationalsozialismus propagandistisch legitimierenden Konstruktion einer Kontinuität zwischen eben diesem und Preußen.
Um den vollständigen Nachbau der Kirche und den in diesem Fall unumgänglichen Abriss des heute dort stehenden Kunst- und Kreativhaus Rechenzentrum wird seit Jahrzehnten unter breiter Beteiligung verschiedenster gesellschaftlicher Gruppen heftig gestritten. Nicht zuletzt fördert die Bundesregierung die „Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche“, die einen vollständigen Nachbau der historischen Kulisse fordert – was die gesamtdeutsche, politische Tragweite dieses Projektes zeigt. In diese Debatte ist die Arbeit Daniel Pollers eingebettet: Der Turm der Kirche, der in diesem Loop als Ansammlung ineinander verschmolzener historischer und imaginiert zukünftiger Bilder sichtbar wird, ist bereits im Entstehen. In welche Richtung die Zeiger seiner Uhr sich bewegen werden, wird der Ausgang der Diskussion zeigen. Noch ist es unentschieden.
Inka Schube